- Methode
Pilotaktion #fragdochmalnach – Relevanz der deutsch-deutschen Geschichte greifbar machen
Pilotidee
Ausgangspunkt war die Frage, wie die Bedeutung der deutsch-deutschen Geschichte für Lehrkräfte bewusst gemacht werden kann. Ferner wurde konstatiert, dass unter den gegenwärtigen und künftigen Lehrkräften nicht selten eine große Unsicherheit darüber besteht, wie man die Geschichte der beiden deutschen Staaten jenseits der Interpretamente des Kalten Krieges vermitteln kann. Es entstand die Idee, dass die Lernenden in einen Austausch mit den Eltern und Großeltern treten und sie zu den Erfahrungen in der Bundesrepublik und der DDR befragen. Wiederkehrende Themen sollen in ihrem historischen und aktuellen Kontext verstanden und in einen vergleichenden Deutungszusammenhang zwischen Ost und West eingefügt werden. Die Erfahrung der Studierenden fließt in die Gestaltung von Unterrichtseinheiten ein.
Das Seminar wurde folglich als eine entwicklungs- und ergebnisoffene Veranstaltung konzipiert, mit der Aussicht, Oral-History-Ansätze für den Unterricht nutzbar zu machen.
Durchführung
Zu Beginn des Seminars befragten die Studierenden ihre Verwandten zu ihren Erfahrungen im Jahr 1989 und sammelten die Antworten nach Themengebieten sortiert auf Postern. Auf dieser Grundlage und entlang der Interessen der Studierenden entwarfen sie einen Themenplan für Lerneinheiten, zu welchen sie intensiv recherchierten und die sie schließlich im West-Ost-Vergleich für Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 und 10 aufbereiteten. Unterrichtsentwürfe entstanden beispielsweise zu den Schwerpunktthemen Grenzgeschichten, Umgang mit Andersdenkenden, Rolle der Frau in Ost und West, Chancengleichheit, Jugendkultur, Mobilität und Werbung. Die Erprobung der Unterrichtsentwürfe war in Präsenz geplant, musste dann jedoch auf den online-Unterricht angepasst werden.
Die Schülerinnen und Schüler sollten nach der Durchführung der Unterrichtseinheiten angeregt werden, zu Hause über die Ergebnisse zu erzählen und bei den Angehörigen erneut nachzufragen.
Herausforderung
Eine der Herausforderungen bestand darin, aus den Befragungen der Eltern, die als Rechercheergebnisse betrachtet wurden, tatsächlich eigene Themen zur weiteren Bearbeitung zu entwickeln. Hier brauchte es Zeit und Zuversicht bei der Lehrperson. Der Zugang und die Themen waren für die angehenden Lehrkräfte gut greifbar, allerdings stellte die Umgestaltung in online-Unterrichtsentwürfe aufgrund der COVID-19-Pandemie eine Herausforderung dar. Sie erhielten in Form eines Workshops eine Einführung in unterrichtsgeeignete online-tools und erarbeiteten sich selbst ansprechende online-Werkzeuge wie Mentimeter oder Padlet. Als die Entwürfe vorlagen, war es nicht möglich, diese wie geplant an der Gemeinschaftsschule am Roten Berg zu erproben. Trotz direkter Ansprache von Lehrkräften in Ost und West und der Anfrage beim Verband der Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrer Deutschlands konnte dieser Bestandteil des Seminars nicht umgesetzt werden. Es ist geplant, dass zwei Lehrpersonen aus Thüringen die vorhandenen Materialien beispielhaft erproben.
Ergebnis
Der Seminarverlauf und die bereits vorliegenden Modularbeiten zeigen, dass die Studierenden die Relevanz eines ausgewogenen Blicks auf die deutsche Teilungs- und Einheitsgeschichte erkannt haben und entlang alltagsgeschichtlicher Themen ihrer Schülerinnen und Schüler verständlich aufbereiten können.
Noch immer zentral ist es, Schülerinnen und Schüler dafür zu sensibilisieren, dass es Verknüpfungen zwischen privaten Erfahrungsgeschichten und historischen Ereignissen gibt, die sich vielfältig darstellen können. Die Einbeziehung individueller Erfahrungen eröffnet einen multiperspektivischen Zugang, der Widersprüchlichkeiten und Ambivalenzen vermittelt.